Die Entstehungs-Geschichte der „Sofa-Zeit“

Angefangen hat es ganz klein. Ich dachte, wie schön es wäre, wenn Kinder, die zu uns kommen merken, dass sie willkommen sind. Wenn sie in der Zeit mit uns erleben, was wir glauben, was unsere Werte sind, was uns ausmacht und wichtig ist. Ich hatte dieses Standard-Programm vor Augen: Wir gehen an einen Ort, an dem Kinder sind. Oder sie kommen zu uns in die Gemeinde. Und dann veranstalten wir das Typische – Lieder, Geschichte, Spiele, Basteln.

Standard-Konzept – müsste halt ein bissl verändert werden, damit das mit der Sprachbarriere funktioniert. Aber im Endeffekt liefe es darauf hinaus. Wir geben etwas und hoffen, dass sie es kapieren und vielleicht bleiben sie ja auch hängen.

Vom Nichts zur „Sofa-Zeit“

Der nächste Schritt war für mich einen Namen zu finden. Es musste ein Wort sein, was nicht zu kindisch ist, was ansprechend ist, was es noch nicht wirklich gibt in der christlichen Szene. Abenteuerland, Spurensuche, Kompass, Arche und ähnliches flog somit raus. Aber einfach nur zur Jungschar einladen oder zu den Pfadfindern, das wäre ja nichts Neues gewesen.
Der Name sollte nicht ausgrenzend sein.
Er sollte positiv sein. Die Kids sollten durch das Wort nicht daran erinnert werden, dass sie auf der Flucht waren.
Und es sollte deutsch sein. Ich stehe nicht so aufs „Verenglischen“.

Es wurde konkreter. Ich merkte, es ging hier um etwas mit zwei Seiten: Einerseits sollten die Kids sich willkommen fühlen. Auf der anderen Seite hatte es etwas mit unserer Einstellung zu tun – damit, dass wir offen sind.

Offen – zusammen – alle – offen sein – offen sein für alle.

Diese Taktik, aus verschiedenen Worten ein Wort zu kreieren, hat mich schon immer gereizt. Also spielte ich mit den Buchstaben rum und so entstand das

OFA – Offen Für Alle.

Das stimmte schon mal. Ein paar Reime mussten herhalten. Mofa? Sofa?

SOFA!

Es begann zu rattern. Sofa – das Wort mochte ich. Es war chillig, es war zu Hause. Es kamen nur gute Assoziationen zu dem Wort. Sofa. Es drückt genau das aus, was diese Zeit ausdrücken soll.

Was konnte das S am Anfang des Wortes SOFAS sein?

„Sei“ – „Sei offen für alle“. Ich war begeistert. Ja, genau darum geht es, dass wir erst einmal offen sein müssen. Es geht nicht darum, den anderen etwas aufzudrücken, sondern mit offenem Herzen da zu sein. Und das geht doch so knaller-gut auf einem Sofa.

Ich sah die Bilder vor mir:

  • Lachende Kids mit unterschiedlicher Hautfarbe
  • Mädels, die sich Dinge ins Ohr flüstern
  • Jungs, die auf dem Sofa balgen
  • Kids, die mit Erwachsenen Brettspiele spielen
  • Ein Bühnensofa – ein grünes und aufblasbar, Deko ist immer wichtig
  • Interviews auf dem Sofa
  • Eine Handpuppe, die hinter dem Sofa zum Leben erwacht
  • Eine Frau mit Kopftuch, die dort mit einem Mitarbeiter sitzt und einen Kaffee trinkt
  • und vieles mehr

„Willkommen zur Sofa-Zeit“
mit dem Untertitel „Sei offen für alle“ war geboren.

Behördengänge unerwünscht

Das Bild der Sofa-Zeit war da. Doch wie kann das Ganze nun zum Leben erwachen? Wie kommen die Menschen, die Kinder, nun zu uns in die Gemeinde?

Ist nicht der einzige Weg dahin, dass Menschen selbst von etwas begeistert sind? Dass sie Teil von etwas sind, das sie selbst etwas beitragen können? Ich habe manchmal den Eindruck, dass wir Christen denken, wir müssen nur geben, wir müssen unseren Auftrag erfüllen. Und dann dabei die Motivation, das Feuer flötengeht.

Hach, und dann sah ich es bildlich vor mir: wie mühsam Telefonate geführt werden, mit Behörden, ob denn Plakate aufgehängt werden dürfen. Ablehnung, wegen der christlichen Inhalte. Mühsam. Schon bei dem Gedanken daran wurde die Sofa-Zeit echt mühselig. Vielleicht gibt es ja Menschen, die so etwas gerne machen. Ich gehöre nicht dazu.

Wie kann also dieser Traum von der Sofa-Zeit real werden? Wo müssen wir ansetzen, damit es nicht nur ein Projekt für Kinder der Gemeinde ist?

 

Ich denke: Bei den Kindern. So einfach und so wahr. Und ich rede nicht von den Kindern, die wir zur Sofa-Zeit einladen wollen, sondern bei den Kindern, die wir in unserer Gemeinde haben. Unsere Kinder.

Ist uns das klar? Tun wir das? Vermitteln wir den Kids, dass sie ein Teil der Gemeinde sind? Vermitteln wir, dass jeder herzlich willkommen ist? Oder sind sie in unserer Gemeinde die Konsumierer, die aufgepäppelt und verhätschelt werden müssen, damit sie später mal aktive Gemeindemitglieder werden?

Ich als Kind war immer voll dabei, wenn ich mein Stück Verantwortung tragen durfte. Wahrscheinlich stehe ich da nicht für alle Kinder, aber ich bin mir sicher, für sehr viele Kinder.

Wie wäre es, wenn unsere Gemeinde-Kinder diesen Traum der Sofa-Zeit mitleben? Wie wäre es, wenn sie diesen Traum begreifen, das, worum es geht?

Sei offen für alle – ist das nicht eine Lebensaufgabe? Wie wäre es, wenn wir nicht von einer Aufgabe reden, die wir nun haben, da so viele Menschen zu uns kommen, sondern zusammen mit ihnen eine Vision der Sofa-Zeit erleben?

Der Traum vom Sofakind

Ich merkte, dass das Wort Flüchtlingskind und „Kind von uns“ immer noch in meinem Hirn verankert war. Ganz neutral, ohne Wertung, aber dennoch da.

Bei dem Wort Sofa-Kind gibt es keine Unterschiede. Da sitzt Anna neben Aleyna und beide sind Sofa-Kinder. Und beide sind stolz drauf, dabei zu sein.

Die Menschen, die zu uns kommen, werden in unsere Lebenswelt integriert werden. Kinder werden auf die Schulen kommen. Da sind sie. Und genau da ist, wo wir ansetzen können. Unsere Gemeinde-Kinder treffen automatisch in ihrem Alltag auf die Kids, deren Familien eine neue Heimat suchen.

Und dann wusste ich, wie ein möglicher Weg zu einer Sofa-Zeit aussehen kann:

Wir können bei unseren Veranstaltungen ansetzen. Beim Kindergottesdienst. Und zwar nicht als Todo – nicht als Pflicht-Aufgabe, sondern als Chance. Stellt euch vor, wir können in den Herzen unserer Kids diese Sehnsucht wecken, dass neue Kids zu uns in die Gemeinde kommen.

Ich sehe da so ein bisschen das „Paten-Bild“ vor mir. Jedes Kind hat ein Kind als Paten. Es gibt T-Shirts, auf denen steht „Ich bin ein Sofa-Kind“ und die Kids sind stolz drauf, dass sie dazugehören. Ja, so wie Pfadfinder auch stolz auf ihre Uniform sind.

Und aus diesen Kids werden Freunde.

Das Coole ist doch, dass das bei Kids oft sehr schnell geht. Das siehst du, wenn du dich mal auf dem Spielplatz auf eine Bank setzt und Kinder kommen, die sich nicht kennen, beobachtest. Sie reden sich voll schnell an und schwupps spielen sie zusammen und sind Freunde. Hammer. Da sind uns Kids echt Meilen voraus. Warum nutzen wir diese Kontaktfreude nicht?

Ja, aber wir können sie nur nutzen, wenn wir den Kids klar machen, wofür sie diese natürliche Begabung nutzen können.

Ich kann nicht voraussagen, wie Kids, die neu in die Klasse kommen, von ihren Klassenkameraden aufgenommen werden. Aber was das bewirken kann, wenn Menschen sich auf Menschen freuen, wenn Menschen liebevoll, ohne Scheu und positiv auf Menschen zugehen! Dann passiert etwas Großartiges. Es entstehen Beziehungen und es entsteht Vertrauen und genau das ist es, was Menschen anzieht.

Das ist es, was Menschen zu uns in die Sofa-Zeit kommen lässt.

Der Traum vom Sofa-Kind ist es, dass Kinder Kinder einladen und sie alle Sofa-Kids sind. Und sie das richtig cool finden. Denn sie sind dort zu Hause.